Das Material PA12 hat sich seit dem Auftreten der additiven Fertigung als leichter, robuster und widerstandsfähiger Kunststoff für den privaten und industriellen 3D-Druck einen Namen gemacht. Unter einer anderen Bezeichnung ist PA12 jedoch schon deutlich länger bekannt: Nylon. Neben dem Einsatz bei der Fertigung von Damenstrümpfen hat PA12 zusätzliche Anwendungen und Märkte erobert.

Im 3D-Druck tritt PA12 meist tritt als weißes, opakes Pulver oder als Filament in Erscheinung. Beide lassen sich mit den gängigen und etablierten 3D-Drucktechnologien verarbeiten. Es handelt sich um eines der am meisten verdruckten Materialien weltweit, und der Trend ist nach wie vor steigend. Dank Eigenschaften wie einer guten Abriebfestigkeit und chemischen Beständigkeit hat auch die Automobilindustrie schnell die Vorteile des Materials zu nutzen gewusst.

Der Wohlers Report 2022, ein anerkannter jährlicher Branchenreport, hält fest, dass im Jahr 2021 rund 2,6 Mrd. Euro für 3D-Druckmaterialien ausgegeben wurden – darunter Metalle, Filamente, Photopolymere und Polymerpulver. Die Polymerpulver beanspruchen mit 34,7 % den Großteil des Kuchens für sich. Gefolgt von den Photopolymeren (25,2 %), den Filamenten (19,9 %), dann den Metallen (18,2 %) und weiteren Materialien (2,0 %). Selbstverständlich finden sich unter den Polymerpulvern auch andere Kunststoffe wie PA6 oder PP, doch weisen diese oft Verarbeitungsproblematiken auf. Dadurch hat sich PA12 zu einem Standard der 3D-Druckindustrie entwickelt. Schauen wir uns das Material etwas genauer an.

Was ist PA12?

PA12 gehört zur Familie der Polyamide, einer Gruppe von Kunststoffen, die sich aus sehr langen Molekülketten zusammensetzen, welche wiederum aus sich wiederholenden Monomeren bestehen. Die 12 im Namen Polyamid 12 steht für die Anzahl von Kohlenstoffatomen pro Monomer. Entdeckt wurde PA12 ca. 1935 von Wallace Carothers, einem US-amerikanischen Chemiker. Während es anfangs hauptsächlich zur Herstellung von Zahnbürsten genutzt wurde, kamen ca. 1940 die ersten Damenstrümpfe aus Nylon auf den Markt.

In der additiven Fertigung betritt PA12 die Bühne in etwa zur gleichen Zeit wie die additive Fertigung selbst: Mitte der 1980er Jahre. So nutzten die ersten 3D-Drucktechnologien und 3D-Druckversuche schon Polyamide zur Herstellung kleinerer Prototypen. Das PA12-Material gehört zu den Thermoplasten, die sich bei der Zufuhr von Wärme verformen lassen und nach dem Abkühlen in ihrer neuen Form bestehen bleiben. Dieser Prozess lässt sich bei Thermoplasten auch wiederholen, im Unterschied zu Duroplasten, bei denen die molekulare Struktur bei der Zufuhr von Wärme zerstört wird. Gewonnen wird Polyamid 12 petrochemisch aus Erdöl oder Erdgas. Es gibt aber auch neuere, biobasierte Verfahren. So ist beispielsweise die Gewinnung von PA12 aus Palmkernöl möglich.

Wieso eignet sich PA12 so gut für den 3D-Druck?

Als 3D-Druckmaterial gehört PA12 zu den am weitesten verbreiteten Kunststoffen in der additiven Fertigung. Es kann als Filament, Pulver oder Harz mit allen etablierten 3D-Drucktechnologien wie dem FDM-3D-Druckprozess, dem SLS-Verfahren und dem HSS-Verfahren für den 3D-Druck, sowie dem SLA-3D-Druck verarbeitet werden. Durch seine thermoplastischen Eigenschaften bietet sich Nylon insbesondere für 3D-Drucker an, die das Material mittels Wärme verformen oder verbinden.

Das Eigenschaftsprofil von PA12 umfasst darüber hinaus eine sehr gute Fließfähigkeit, die bei pulverbettbasierten 3D-Drucktechnologien für einen präzisen Schichtauftrag entscheidend ist. Außerdem zeichnet sich PA12 durch seine hohe chemische Resistenz, Zähigkeit und Zugfestigkeit bei niedrigen Temperaturen und seine sehr guten Reibungseigenschaften aus. Dadurch qualifiziert sich Nylon oder PA12 für den Einsatz in unterschiedlichen Industriezweigen.

Für welche 3D-Drucker eignet sich PA12?

Die gängigsten 3D-Drucker zur Verarbeitung von PA12 finden sich in der FDM-, SLS- und HSS-Riege wieder. Beim FDM-3D-Druck wird PA12 als Filament durch eine beheizte Düse gezogen. In dieser wird es aufgeschmolzen und dann Schicht für Schicht auf einer Bauplattform aufgetragen.

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Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren erfolgt das Polymer Sintering nicht über komplexe Lasertechnologie, sondern pixelgenau über wärmereaktive Binder.

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Beim SLS-Verfahren liegt PA12 pulverförmig vor. Das Pulver wird auf einer Bauplattform ausgelegt und dann Schicht für Schicht nach CAD-Datensatz mit einem Laser versintert. Unversintertes Pulver bleibt dabei lose und kann recycelt und wiederverwendet werden.

Das HSS-Verfahren arbeitet ebenfalls pulverbasiert. Doch anders als beim SLS wird das Pulverbett mit einer infrarotlichtabsorbierenden Tinte eingefärbt und anschließend mit IR-Energie (Infrarot) bestrahlt. Die eingefärbten Bereiche absorbieren die Energie und verschmelzen miteinander, während ungefärbtes Pulver lose bleibt und nach dem 3D-Druck recycelt und wiederverwendet werden kann.

Was wird im 3D-Druck aus PA12 hergestellt?

Für welche Produkte, Prototypen oder Bauteile PA12 im 3D-Druck geeignet ist, hängt stark von der jeweiligen Anwendungsindustrie ab. In der Modeindustrie ist Nylon alles andere als unbekannt, insbesondere im Zusammenhang mit Damenstrümpfen. 3D-Druck mit Nylon hingegen ist etwas Besonderes. So werden bspw. Schuhe, Kleider, Röcke oder verschiedene kleinere Elemente aus Nylon in 3D gedruckt.

In der Automobilindustrie oder der Luft- und Raumfahrt eignet sich der 3D-Druck mit PA12 für das Prototyping im klassischen Sinne, zum Beispiel, um ein Design im Windtunnel zu testen, aber auch für das Drucken von Zahnrädern, Teilen der Innenraumausstattung oder Halterungen u.v.m.

Da es als besonders dimensionsstabil gilt und Druck und Schlägen standhält, wird es auch für Leitungsverkleidungen (Hydraulik-, Kraftstoff- oder Kühlleitungen) genutzt. Im Wintersport findet sich PA12 oft in Form von Skibindungen oder Skischuhen wieder. Auch im Maschinenbau von voxeljet kommen 3D-gedruckte PA12-Bauteile zum Einsatz. So drucken wir auf unseren HSS-Anlagen verschiedene Maschinenkomponenten wie Sensorhalter, Lichtwellenhalter oder Druckkopfabdeckungen.

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